1. Diskussion zu dem Beitrag „Rezension einer Sendung aus der Reihe Essay & Diskurs auf Deutschlandfunk.“

Hallo Herr K,

auch ich habe den Beitrag von Jan-Peter Wahlmann auf der AGD-Website gesehen. Nach meinem Quellenstudium (o. g. Links), komme ich jedoch zu einer ganz anderen Einschätzung als er. Ich habe keinen Beleg dafür gefunden, dass Arbeit an der Grenze zur Armut etwas mit persönlicher Lebensplanung zu tun haben könnte.

Ihren Einspruch finde ich daher sehr berechtigt.

Wenn es darum geht, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern, helfen Beschönigungen nicht weiter. Eine Krankheit geht ja auch nicht weg, nur weil wir ihre Symptome ignorieren oder sie in wohlklingende Worte kleiden. Work-Life-Balance ist so ein schönes Wort – viel schöner als beispielsweise Unterbeschäftigung. Für viele Kreative klingt Work-Life-Balance wie Hohn. Für mich klingt es nach Verschleierung.

Begünstigt durch Online-Marktplätze wie 99designs, designenlassen und ähnliche Wettbewerbsformate breiten sich Dumpinghonorare epidemisch aus. Sie verderben die Erwartungshaltung unserer Auftraggeber und damit das Preisgefüge der gesamten Branche. Davon sind wir alle betroffen. Nicht nur Leute, die freiwillig ihre Ideen verschenken. Eine Verharmlosung dieser Epidemie steigert nur ihre Ansteckungsgefahr.

Wenn sogar große, marktbeherrschende Unternehmen da mitmachen, hilft es wenig auf den Mehrwert zu verweisen, den echte Gestaltung generieren kann.

Wieso sollte ein Auftraggeber, wie die Lufthansa (die zum Kundenkreis von 99designs gehört) einen Designer beauftragen, wenn sie auf einer dieser Plattformen hundert Entwürfe praktisch umsonst bekommt? Die denken sich: Einer wird schon passen, auch wenn nur Deko mit geringer Verfallszeit dabei herauskommt.

Sie haben auf den geringen Organisationsgrad unseres Berufsstandes hingewiesen, die eine schlagkräftige Vertretung unserer Interessen schwierig macht. Das stimmt. Insofern halte ich eine breite Solidarisierung der gesamten Kultur- und Kreativwirtschaft für einen guten Ansatz.

Schöne Grüße,
© Thomas Bender

Gepostet auf Xing
Zur Diskussion in der AGD Gruppe