Ihre Arbeiten waren schon mehrfach in Deutschland zu sehen, u.a. im ZKM Karlsruhe und 2016 im Rahmen der Ausstellung +ULTRA, im Berliner Martin-Gropius-Bau.
Die Künstlerin JLM macht sich Gedanken über die Erfassung und Verbreitung ihrer persönlichen Daten. Wie viele von uns.
Wer hat sich noch nicht darüber geärgert, dass wir mit unseren Daten zum Profit anderer beitragen, ohne dass wir jemals gefragt wurden, ob wir das wollen.
Ob uns das gefällt oder nicht – die Nutzung von werbefinanzierten Social-Media-Kanälen und Suchmaschinen bezahlen wir mit dem Kontrollverlust über unsere digitale Identität.
Vor ein paar Wochen las ich auf dem deutschen Mozilla-Blog, dass Facebook im ersten Quartal 2018 mit seinen nordamerikanischen Nutzern (laut Statista waren das 2016 mehr als 219 Millionen) durchschnittlich 23,00 US-Dollar Umsatz erwirtschaftete, obwohl der Dienst für seine Nutzer kostenlos ist. Andererseits musste das Unternehmen schon mehrfach Datenlecks einräumen. Erst vor wenigen Tagen verhängte die britische Regulierungsbehörde für Datenschutz ICO, im Zusammenhang mit dem Cambridge-Analytica-Skandal, die Höchststrafe gegen Facebook. 500.000 Pfund – eine vergleichsweise lächerliche Summe für den Milliarden-Konzern.
Was tun? Auf Social-Media verzichten?
Jennifer Lyn Morone fand eine Antwort: Statt darauf zu warten, dass die „Stalker Economy“ (Guardian) ungefragt ihre Daten abgreift und zu Geld macht, drehte sie den Spieß einfach um und bot ihre Daten selbst zum Kauf an. Dafür legte sie sich den Namen JLM (TM) Inc zu und ließ sich am 05. Mai 2014 im US-Bundesstaat Delaware als Unternehmen registrieren (Corporation = Körperschaft). Ihre Gesundheitsdaten zum Beispiel, bot Sie den Besuchern der Berliner Ausstellung für 3.500 Euro an.
Sicher, man könnte sagen: das ist doch nur wieder so eine (Achtung Kuratorensprech) „Subversive Affirmation“. Die Taktik der Kommunikationsguerilla. Aber sie hat Charme, weil sie unser Unbehagen gegenüber einem kaum durchschaubaren System geheimer Monetarisierung in ein eigenes Geschäftsmodell verwandelt und öffentlichkeitswirksam auf die Spitze treibt.
Damit stellt Morone vieles in Frage, was in der digitalen Welt als unveränderbar gilt.
Unter der Überschrift „Life means business“ schreibt sie: „Jennifer Lyn Morone, Inc has advanced into the inevitable next stage of Capitalism by becoming an incorporated person. This model allows you to turn your health, genetics, personality, capabilities, experience, potential, virtues and vices into profit. In this system You are the founder, CEO, shareholder and product using your own resources. (…) Bye bye Data Slavery“.
Wie wäre es, wenn wir für die Nutzung unserer Daten bezahlt würden? Oder einfach für die Nutzung der Dienste bezahlten und dafür von Stalkern und Werbung verschont blieben?
Quellen/Links:
Katharina Nocun: Die heißeste Währung im Internet – Deine Aufmerksamkeit, Mozilla.org
https://blog.mozilla.org/berlin/die-heisseste-waehrung-im-internet-deine-aufmerksamkeit/
Abgerufen am 02.11.2018
Information Commissioner’s Office: Die Bekanntgabe der Strafzahlung gegen Facebook, ICO-Website
https://ico.org.uk/about-the-ico/news-and-events/news-and-blogs/2018/10/facebook-issued-with-maximum-500-000-fine/
Abgerufen am 02.11.2018
Nell Frizzell: Human for sale: the artist who turned herself into a corporation, Interwiew mit JLM, The Guardian
https://www.theguardian.com/artanddesign/2016/feb/09/jennifer-lyn-morone-neoliberal-lulz-data-surveillance
Abgerufen am 02.11.2018
Die Website der Künstlerin:
http://jenniferlynmorone.com/
Abgerufen am 02.11.2018
© Thomas Bender, Dipl.-Designer BDG
Gepostet auf Xing in den Gruppen Brand Eins (öffentlich) und BDG (Login erforderlich)